Only survive ~ previously

Prisco starrte weiter vor sich in den Wald und seufzte leise.
Dann musste er es wohl jetzt hinter sich bringen, denn lieber jetzt als nachher...

Die ersten Schritte mit der Schiene waren mehr als unangenehm, denn sie war nunmal nicht für ihn, sondern für den kräftigeren Leeroy gemacht und sein Bein wirkte steifer als es zuvor war.
Dadurch wurde das zuvor nur leicht angedeutete Humpeln deutlich weiter ausgeprägt und der letzte De.pp hätte jetzt erkannt, dass etwas nicht stimmte.

Prisco lief immer recht nah an den Bäumen, um sich an den Stämmen kurz abzustützen, falls er ins Straucheln geriet, was ab und zu bitter nötig war.
"Was sollte eigentlich die Aktion vorhin, als du dich auf mich draufgeworfen hast? Wolltest du mich da auch schon umbringen?", Prisco spielte auf die Situation mit seinem linken Arm an, während er weiter geradeaus ging.
Innerlich fuchste es ihn tierisch, dass er seine Teamkameradinnen im Stich ließ, indem er zumindest für sich das Fahnenspiel abbrach, da es keinen Sinn mehr für ihn ergab, da ihn erstens seine Verletzungen und zweitens die riesige Gestalt hinter ihm behindern würden.
Letzterer würde ihn vermutlich noch bewusstlos schlagen und dann zu Mrs. Prove schleifen, nur damit er sich dort untersuchen ließ...

Der Waldrand und das Gebäude kamen immer näher, waren aber noch nicht zu sehen und Prisco war auch nicht sonderlich erpicht darauf jetzt schon der Krankenschwester gegenüber zu stehen, die ihn in Grund und Boden schimpfen würde.
Er hörte sie schon in seinem inneren Ohr keifen: "Du schon wieder!", was ihn fast zum Schmunzeln brachte.

Leeroys leises Lachen bei diesem gradezu resignierten Seufzen war kaum zu überhören, da er ja dicht neben Prisco ging. Aber nun ,wo er die eigene Schiene nicht mehr trug, konnte man das Hinken sehen, um das er mit der Stütze sonst mühelos herumkam. Aber da sein Bein ohne die Stütze ständig wegzuknicken begann, konnte er schlecht verbergen, dass er damit hinkte. Aber immerhin schien es keine starken Schmerzen mit sich zu bringen. Es war lediglich nicht gut verheilt oder aber zu lange belastet worden ,als es hätte heilen sollen. Das Ergebnis war aber recht eindeutig.
Der Rotschopf selbst schien sich keine großen Gedanken darüber zu machen, dass man das nun sehen konnte. Er tappte neben ihm her und schien sich nicht weiter über die kommende Unterredung mit der leicht erregbaren Dame zu sorgen.
Bei der Frage allerdings musste er wieder grinsen.
" Das war eigentlich nicht so gedacht, wie es geendet hat. Du bist einfach zu flink. Eigentlich wollte ich nur im Liegestütz landen und deine Arme festhalten, damit du mit diesem netten Schwert nicht ständig an mir herumschnitzen konntest. Da du mir aber beinahe entwischt bist und dann so gütig warst, sofort wieder mit der Klinge nach mir zu schlagen, musste ich mir etwas auf die Schnelle einfallen lassen. Wäre ich zur andern Seite ausgewichen, dann hätte ich das gute Stück trotzdem auf Brust oder Rücken bekommen und das nicht zu knapp. Da ich aber deine Wenigkeit festhalten und nicht noch in einen Vorteil setzen wollte, habe ich mich eben in die andere Richtung gedreht, damit ich keinen vollen Treffer abbekommen würde und deinen Arm halten könnte. Kann ja kaum einer ahnen, dass du dann so weiterzappelst, dass ich mich nicht mehr hochdrücken kann, ohne mir Hiebe einzufangen. Eigentlich war es nämlich keine Absicht, mit ganzem Gewicht auf dir zu liegen, falls dich das tröstet. Was soll ich auch mit einem Prisco in Briefmarkenformat ? " Er gluckste leise und schüttelte leicht den Kopf, bevor er mit dem rechten Bein wegknickte und sich mit einem gebrummten Fluch wieder fing, bevor er lang hinschlagen konnte.

Lucy
lief durch den Wald. Bis jetzt hatte sie noch niemanden entdeckt und niemanden gehört. Sie fühlte sich ein bisschen seltsam, denn sie lief bestimmt schon Ewigkeiten hier rum. Was wenn es anfangen würde zu regnen?
Max
hatte sich auf auf einen Baum geschwungen und war über die Bäume gewandert. Sie wusste nicht, wo die Fahne war, und eine Vermutung hatte sie auch nicht. Nicht mal ansatzweise. Sie hielt sich an einem Stamm fest. der Ast hatte geknackst. Hatte jemand sie gehört? Sie blieb ganz still und hielt die Luft an. Was wenn es jemand mit einem Bogen nun auf sie abgesehen hatte?
Sie schwieg noch ein paar Sekunden. Dann atmete sie kurz ein und aus und dann wider normal. Würde der Ast bei der nächsten Gewichtsverlagerung brechen? sie krallte sich an die Rinde. Ihre Lanze hing unbrauchbar über ihrem Rücken, ihr Schwert baumelte einfach an der Seite. Ärgerlich. Entweder jemand würde ihr helfen oder sie musste einen Sturz riskieren...

Will sprang über ein paar Wurzeln am Boden und lief beinahe lautlos durch den Wald.
Zwar war er kein Fighter, verstand sich aber durchaus darauf sich lautlos zu bewegen und konnte es vermeiden gesehen zu werden, wenn er dies wünschte.
Seine Gedanken waren bei der Fahne und wo der junge Fighter sie versteckt haben könnte ...
"Denke wie Prisco...", sprach er innerlich zu sich und verlangsamte seinen Schritt. "Wo würde er sie verstecken?"
Will wurde immer langsamer und langsamer, bis er schließlich gänzlich stehen blieb, in seiner eigenen Gedankenwelt.
Es gab viele Möglichkeiten, wo der Ältere die Fahne verborgen haben könnte, denn Prisco war einfallsreich, nicht nur, wenn es darum ging möglichst schnell und irgendwie an seine Waffe zu kommen.
Geklettert wie Leeroy würde er nicht sein, zumindest glaubte Will das nicht, schloss es aber auch nicht aus...
Vielleicht hatte er ...

Will hielt inne.
Ganz in seiner Nähe knackte ein Ast...
Unwillkürlich glitt seine rechte Hand an den Dolch an dieser Seite, während er angespannt lauschte und sich vorsichtig in die Richtung wagte.
Vielleicht war es Tristan oder Dan...
Wenn nicht, so hatte Will zwar nicht die geringste Lust auf einen Kampf, würde sich zur Not aber auch in einen verwickeln lassen, wenn es nicht zu umgehen war.

Will blieb in der Deckung der Bäume und sah sich um.
Nichts.
Wenn es ein Tier gewesen war?
Nun, dann wahrscheinlich ein sehr großes Tier ...
Unaufmerksam ließ er den Blick schweifen ... und erblickte eine undeutliche Gestalt oben auf einem der Bäume.
Definitiv war sie vom gegnerischen Team, denn es war ein Mädchen, ob Aisha oder Max konnte Will noch nicht genau sagen, da die Sonne ungünstig stand, aber Lucy hatte kürzere Haare.
Da sie sich nicht bewegte, glaubte Will, sie habe ihn gesehen, aber wieso war sie dann so still?
Auch rührte sie sich um keinen Zentimeter, hatte die Hände fest an die Rinde gekrallt.
Leicht runzelte Will die Stirn und trat mit wenigen Schritten aus seiner Deckung.´
Dass das ebenso ein Hinterhalt sein konnte,kam ihm nicht in den Sinn.
"Max...", Will hatte die Gestalt erkannt. "Kannst du mir sagen, was du da oben treibst?"
Mit immernoch gerunzelter Stirn legte Will den Kopf in den Nacken und sah zu Max herauf...

Prisco grinste während Leeroy erzählte.
Soso...Keine Absicht. Nun gut.
In der Sache bezüglich dem Ausgang der Sache hatte Leeroy aber auch nur zu recht...
Prisco war sich sicher, nicht viel breiter als eine Briefmarke zu sein, wenn der Ältere sich mal mit voller Kraft auf ihn werfen würde...
Nicht, dass Leeroy ein Schwergewicht war, aber enorm muskulös, und Muskeln brachten nunmal auch einiges auf die Waage, wenn man genug davon hatte.

Als Leeroy neben ihm sich beinahe der Länge nach hinlegte, da dessen Bein unter ihm wegklappte, blieb Prisco stehen und sah den Älteren kurz an.
Mit der linken Hand stützte er sich leicht gegen einen Baumstamm, während er sprach: "Sag' mal, Leeroy ... Willst du deine Schiene nicht vielleicht doch lieber wiederhaben? Mich behindert sie eigentlich nur und es sieht aus, als bräuchtest du sie weit dringender, als ich es tue, um dich auf den Beinen zu halten."

Er hoffte, der Ältere würde auf dieses Angebot eingehen, denn erstens würde Prisco das unangenehme Drücken am Bein loswerden und gleichzeitig Leeroy ersparen sich auf dem Waldboden hinzulegen - zudem entging er so auch der Gefahr durch einen Stolperer des Rotschopfs ebenfalls zu Boden gerissen zu werden.

Leeroy schüttelte den Kopf.
" Lass mal, ich muss mich nur daran gewöhnen seit Jahren das erste Mal wieder im Gelände ohne das Ding zu laufen. Ist halt eine Weile her, seit ich das das letzte Mal gemacht habe.... " Dann grinste er schräg und hob leicht die Schultern, bevor er sich wieder aufrichtete und sich straffte.
" Abgesehen davon ist mein Bein schon erledigt. Und so unangenehm du die Schiene auch finden magst, so ist sie doch eine Hilfe. Und dein Bein braucht ein wenig Schonung, die es auf diese Weise bekommen kann.... " Er lächelte freundlich und zuckte leicht mit den Schultern. Anscheinend hatte er nicht vor, die Schiene wieder anzunehmen und solange er sich ein wenig aufs Gehen konzentrierte, geriet er auch nicht mehr aus dem Tritt. Also blickte er halt ruhig auf den Boden zu seinen Füßen und achtete darauf, die Schritte sauber zu setzen. Allerdings änderte das nichts an dem Einknicken. Er geriet lediglich nicht mehr in die Verlegenheit , beinahe hinzuschlagen.
Was ja für sich auch schon ein Fortschritt war... .

Prisco hörte sich Leeroys Ablehnung an, auch wenn er alles andere als begeistert war, das lästige Ding noch weiter an seinem Bein zu tragen.
Aber Leeroy würde die Schiene nicht zurücknehmen und vermutlich alles daran setzen, dass Prisco sie nicht abnahm.
"Wenn du meinst...", Prisco lief wieder weiter und ließ seine Gedanken schweifen.

Bei einem bestimmten Gedanken musste er fast grinsen, denn es war etwas, was sicherlich eher selten vorkam, wenn überhaupt ...
Prisco scheute etwas davor es auszusprechen und hätte er sich noch im kampf mit Leeroy befunden, wäre es sicherlich nicht sehr weise gewesen, es auszusprechen.
Jetzt jedoch würde der Ältere den Teufel tun, und Prisco angreifen, denn sonst wäre die ganze vorherige Aktion mit dem Zusammenflicken nur reine Zeitverschwendung gewesen.

Prisco hielt sich davon ab zu lächeln und sah weiterhin geradeaus.
Als er seine Stimme gefunden hatte, sprach er an den Rotschopf gerichtet: "Eine Sache will mir partout nicht aus dem Kopf, Leeroy... Was wird eigentlich dein Bruder sagen, wenn er dich so zugerichtet vorfindet?", da war es dann doch um die Unbewegtheit in Priscos Gesicht geschehen und die leise Spur eines Lächelns heftete sich darauf; nicht überdeutlich, aber wenn man danach suchte, fand man sie auch.

Auch wenn ihm das mit der "Lektion in Sachen Demut" wohl nicht ganz so geglückt war, würde Thamar wohl durchaus überrascht sein ...
Aber das sprach Prisco (noch) nicht aus, er wartete lieber erstmal auf die Reaktion des Älteren.

Leeroy brummte nur zustimmend und tappte weiter neben ihm her. Er schien nichts dagegen zu haben, dass sie in Schweigen gehüllt unterwegs waren, aber das sollte ja anscheinend nicht lange anhalten....
Fragend zog er daher eine Braue hoch, als sein Begleiter zu sprechen anhob. Allerdings zog er gleich darauf beide Brauen zusammen, als er die Worte hörte. Das kleine Aas wusste genau, dass er nun nicht mehr auf ihn losgehen würde !
Und dann musste er grinsen. Es war ja eigentlich nur ein Beweis , dass Prisco nicht dumm war und darüber freute er sich mehr als nur ein wenig. Warum also nicht?
" Nun, er wird dich loben, mich ausschimpfen und mich dann bemuttern als wäre er eine Glucke und ich ein Küken, bevor ich es schaffen werde , ihn aus dem Zimmer zu werfen. Danach werde ich mindestens zwei Tage lang sehen müssen, dass wir einen gewissen Abstand halten, da er sonst sofort wieder glucken wird.... Aber dann dürfte es wieder in Ordnung sein und er sich beruhigt haben.... Warum fragst du ? " Er hatte bei den Worten eine leichte Röte in die Wangen bekommen ,die dort nicht einmal gelegen hatte, als er den Tobsuchtsanfall bekam. Verlegenheit konnte also Farbe auf das blasse Gesicht bringen.....

Prisco lief einfach weiter, während er auf Leeroys Antwort wartete, die der Frage auf dem Fuße folgte.
Die Frage seinerseits war kaum überraschend, aber dennoch haderte Prisco kurz mit der Antwort, bevor er sie in Worte fasste, die passend schienen.

"Warum ich frage? Nun... eigentlich nur der Neugierde wegen, denn ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass dein Bruder dich sehr häufig in Stücke geschnitten sieht.
Da wollte ich einfach mal wissen, wie er so in diesen seltenen Fällen reagiert hat; und ob ich auch einen Tobsuchtanfall seinerseits zu befürchten habe. Zwar ist das bei seinem Wesen wohl eher unwahrscheinlich, wenn nicht sogar unmöglich, aber ich frage lieber, bevor ich von Thamar in der Luft zerfetzt werde...", Prisco wandte leicht den Kopf.
"Außerdem ... war es auch dein Bruder, der darauf angespielt hat, dass du eher eine Lektion in Sachen Demut brauchst, - auch wenn du die wohl nie bekommen wirst - als eine Bestärkung deiner Kraft. Ich bin mir zwar sicher, dass Thamar diese "Bitte" ernst gemeint hat, war mir aber nicht sicher, wie genau er reagieren würde, wenn du tatsächlich mal in die Klinge gerätst..."

Prisco sah den Älteren wieder an, denn während er gesprochen hatte, war sein Blick wieder in den Wald vor ihm gewandert.
Er konnte einen rötlichen Schleier auf Leeroys Wangen erkennen und ein leises Lächeln stahl sich auf Priscos Gesicht.
Zwar war seine eine Wange ebenfalls gerötet, jedoch lag das am Blut des Dolchschnittes, der sich über fast die gesamte rechte Wange zog.

" Ah, das erklärt es natürlich. Und ich dachte schon, du hättest irgendwelche wirklich seltsamen Gründe für so eine Frage.... "
Er grinste flüchtig und zuckte, immer noch leicht verlegen, mit den Schultern.
" Mein Bruder wird sich da nicht sonderlich aufführen. Zumindest nicht dir gegenüber. Aber mir wird er die Hammelbeine lang ziehen, möchte ich meinen . Und ich habe es verdient, muss ich sagen. So wie ich auf dich losgerannt bin, sollte ich mir wirklich eine Tracht Prügel holen. " Er rieb sich verlegen den Nacken und tappte weiter neben ihm her. "Wahrscheinlich wird er dich auch über den grünen Klee loben, dass du es wenigstens versucht hast und ja zumindest ein Stück weit auch geschafft. Also keine Sorge, er wird dich loben. Und mir die Ohren in die Länge ziehen, bis er Knoten reinmachen kann... " Er lachte leise und hob erneut die Schultern. Anscheinend kümmerte es ihn nicht weiter. Oder er wollte nicht darüber nachdenken, dass sein Bruder noch draussen rumlief und er nicht mit ihm unterwegs war.

Max
lächelte. "Hehe... Ich genieße die Aussicht..." Es sah von oben so aus, als würde Will einen Schritt zurückdachten und sie die Aussicht genießen lassen wollte. "Warte! Willst du mir vielleicht helfen?" Sie bewegte ihren Fuß kurz, daraufhin knackste es noch mal und der Ast war fast gänzlich abgeknickt. Sie krallte sich noch fester an den Baum, was von unten bestimmt merkwürdig aussah und ging vorsichtig in die Hocke. Wollte Will ihr helfen? Wenn nicht würde sie versuchen hier oben allein runterzukommen. "Was ist? Hilfst du mir jetzt von diesem vermaledeiten Baum zu kommen?" Sie betrachtete ihn, nachdem sie sehr langsam den Kopf gedreht hatte. Wie es schien hatte er keinen Bogen um sie abzuschießen.

Will sah weiter zu Max empor.
Ihr Antwort hatte er fast müde belächelt. Die Aussicht ... soso ...
Als er dann vorgehabt hatte, sie alleine zurückzulassen, hatte sie dann aber doch mit der Wahrheit herausgerückt.
Wollte er ihr helfen?
Es knackte wieder...
Nun wollen war gar keine Frage, er musste es mehr oder minder tun, denn ein Sturz aus der Höhe würde fatale Folgen mit sich ziehen.
Aber wie sollte er ihr denn bitte helfen?
Wie sollte er sie von dem Baum runter kriegen?
Er sah weiterhin empor und sprach langsam: "Na du bist gut ... Und WIE soll ich dir bitte helfen? Fliegen kann ich nicht?"
Wills Gedanken rasten.
Wie sollte bzw. wie konnte er Max überhaupt helfen?
Wieder knackte der Ast leise und beschleunigte seine Gedankengänge.
Eine Idee kam ihm, eine Übergangslösung mehr oder weniger...
Seine rechte Hand zog einen der beiden Langdolche und wog ihn in der Hand. Er war leicht, besaß keine Parierstange und einen Versuch war es wert.
Will drehte das Handgelenk stark ein, hob den Waffenarm leicht an.
Er stand weit genug vom Baum entfernt, sodass es funktionierte, denn andernfalls wäre das was Will nun vorhatte deutlich daneben gegangen.
Mit einer raschen Bewegung ließ Will den Arm vorschnellen und mit ihm den schlanken Langdolch.
Ein Blitzen der Sonne auf Stahl, ein leises Schneiden des Windes und dann das Splittern von Baumrinde.
Will hatte getroffen. Knapp neben dem Ast war der Dolch eingeschlagen und ein deutliches Stück in die Rinde eingedrungen.
Wills Plan sah vor, dass Max vom Ast runterkam, der zweifellos gleich abbrechen würde, und auf den Dolch auswich, der gerade soweit vom Ast entfernt war, dass sie sich aufrichten musste.
Der zweite Dolch zerschlug ebenfalls splitternd die Rinde, um einiges weiter oben, da Max den Baumstamm als Stütze würde kurzzeitig aufgeben müssen.
Die Dolche waren weitaus stabiler als der Ast, auch wenn sie auch nicht alles aushielten.
Da Max jedoch ziemlich leicht war, konnte Will es wagen.
Zwar war er jetzt waffenlos, aber sei's drum.
Max würde ihn nicht angreifen.
Ein weiteres Astknacken war zu vernehmen.
Wie genau es weitergehen sollte, hatte sich Will nur grob im Kopf zurechtgelegt, aber es war klar, dass er von hier unten nicht sonderlich viel ausrichten konnte.
Mit einigen raschen Schritten brachte er die paar Meter zwischen dem Baum und sich selbst hinter sich, sprang leicht ab und griff mit beiden Händen nach einem der unteren stabilen Ästen. Mit seinem Schwung vom Lauf schwang er nach vorne und machte einen halben Überschlag, sodass er mit den Füßen auf dem Ast hockte.
Irgendwann mal hatte er sich das abgeguckt und solange geübt, bis er es konnte, jetzt konnte er es im Schlaf.
Mit mehreren sicheren Sprüngen und reichlich Hilfe seiner Hände erklomm Will den Baum bis zu einer Stelle schräg unter Max, sodass er, wenn er sich mehrere Äste hochhangelte - die langsam dünn wurden - soweit herangekämpft hatte, dass nurnoch die beiden Langdolche zwischen ihnen waren.
Sie waren deutlich näher bei Max und man würde einen kräftigen Sprung brauchen, wenn man von dem Ast über Will auf sie springen wollte.
Wieder knackte der Ast bedächtlich und wenn Max jetzt nicht den Standort wechselte, würde sie zusammen mit dem Ast in die Tiefe stürzen...

"Wieso, was dachtest du denn, wieso ich frage?", Prisco sah Leeroy immernoch an und lächelte. "Das ist ne Frage des reinen Selbsterhaltungswunsches, nichts sonst...
Und so nebenbei: Warum sollte Thamar mich bitte loben, wenn ich ihm seinen Bruder in Streifen schneide? Ich würde jede andere Reaktion verstehen, aber ein Lob ist jetzt nicht ganz das, was ich erwarte; zumindest ist das nicht so ganz meine Definition von "brüderliche Zuneigung", wie ich sie kenne ..."

Prisco wandte den Kopf wieder ab.
Das verstand er nicht ganz... Warum um alles in der Welt sollte Thamar ihn denn loben, wenn er dessen Bruder in kleine Stückchen schnitt und letztendlich noch eins überzog; Wutanfall hin oder her ...
Das war wirklich nicht ganz sein Verständnis von "Brüderlicher Einheit und Verbundenheit" ...

Durch die Bäume hindruch konnte man schon die Fassade des Gebäudes erkennen und mit jedem Schritt kamen sie beide der temperamentvollen Krankenschwester näher.

" Oh, ich weiß nicht... kann ja sein, dass man da noch andere Gründe haben könnte. Welche genau, könnte ich mir jetzt grade nicht vorstellen, aber irgendetwas könnte dir schon einfallen." Er grinste nur und zuckte mit den Schultern. Dann allerdings bewegte er sich behutsam weiter. Die Schritte fielen mit dem fühllosen Knie schwerer , aber er hielt neben ihm mit und starrte nachdenklich vor sich hin. " Aber er würde dich loben, da du mich ja nicht in Streifen schneiden wolltest, sondern mir nur ein paar Schrammen verpasst hast. Das findet er amüsant, weil er weiß, wie viel Wert ich darauf lege, dass mich meine Gegner draussen selten treffen.
Abgesehen davon würde er ja nicht lachen, wenn es ein ernst gemeinter Kampf gewesen wäre. Aber das hier war Training und ich gebe oft genug verächtliche Kommentare von mir, daher wird er es amüsant finden, wenn ich ausgerechnet währenddessen kräftig eins abbekomme. " Er lächelte verschmitzt und zuckte mit den Schultern.
Dann allerdings waren wohl Gespräche erst einmal erledigt, denn die Krankenschwester hatte sie entdeckt und schien nicht begeistert zu sein....

Prisco ließ seinen Blick leicht schweifen, schien ein wenig geistesabwesend zu sein ... bis sein Blick an einem der oberen Fenster hängen blieb, aus dem ein Paar eisiger Augen ihn anstarrten.
Mrs. Prove ...

"Oh ... Das könnte jetzt seeehr unterhaltsam werden...", Priscos Reflexe drängten ihn in den Wald hinein, jagten ihn regelrecht, aber er zwang sich dazu ruhig weiter zu gehen.
"Also dann... Hinein ins Verderben...", damit zog Prisco die Tür auf und ging als erster ins Gebäude.
Die Treppe nach oben zur Etage der Krankenstation, die voraussehend nahe des Trainingsplatzes gelegt war, war knapp hinter der Hintertür.
Also lag es entweder daran, oder einfach daran, dass Mrs. Prove für ihr Alter noch wirklich flott auf den Beinen war...
In jedem Falle ertönte kurz nachdem Prisco in das Gebäude getreten war ein gellender Schrei: "Prisco Chandler! Und Leeroy Lightwood!"
Priscos Kopf flog herum.
Am Treppenabsatz stand eine füllige Frau mit wehenden Röcken, die Arme in die Seiten gestemmt, das Gesicht zornesrot...
Prisco wandte den Kopf wieder zu Leeroy um, in den Augen des Jüngeren stand leichtes Entsetzen. Dann klopfte er dem Rotschopf gegen den Oberarm knapp unter der Schulter: "Viel Glück."
Dann drehte er sich wieder zu der aufgebrachten Krankenschwester um: "Ah! Mrs. Prove!", in der Stimme klang Scheu mit, aber auch eine Spur Keckheit.
Leichtfüßig sprang der Jüngere die Treppenstufen empor, bis er vor Mrs. Prove stand, die ihn mit vernichtendem Blick ansah.
"Du - schon - wieder.", zischte sie, jedes Wort einzeln betonend. "Wann fängst du endlich an das zu tun, was man dir sagt!?"
Mit einer Hand packte sie Prisco am Nacken und drückte gleichzeitig das Kinn des Jungen nach oben, sodass er gezweungen war sie anzusehen.
"Mitkommen! Sofort.", sie hatte Prisco wie einen Hund im Genick gepackt und zog ihn mit sich.

Prisco war gezwungen ihr zu folgen; nicht dass es sich gelohnt hätte eine Flucht zu versuchen, aber sie wäre zwecklos gewesen.
Seine Gedanken glitten zu dem, was Leeroy gesagt hatte, denn so sicher war sich Prisco da nicht. Der Griff der Krankenschwester war fest, bestimmt und wirkungsvoll. Er war als Strafe gedacht, da er keinerlei Folgen mit sich zog, aber in dem Strafmoment deutlich zu spüren war.
Gleichzeitig fragte sich der Jüngere, wie sie mit Leeroy umspringen würde, denn bei diesem würde dieses Taktik deutliche Schwierigkeiten aufweisen, da dieser die ältere Dame mit einem Schlag in ihre Schranken weisen konnte.

Also folgte Prisco der Krankenschwester und fragte sich, ob Leeroy wohl einfach folgen würde oder auf eine Extraeinladung warten würde und die Zeit genießen, die er noch ohne die Krankenschwester würde verbringen konnte.

Leeroy grinste leicht , als er den Kommentar zu hören bekam, folgte aber mit amüsierter Miene in die Krankenstation. Er schien sich weder über ihre Wut noch ihren Umgang mit Prisco sonderlich Sorgen zu machen. Stattdessen folgte er gehorsam hinein und machte es sich dort auf einem Schemel bequem, um nicht im Weg zu sein und versuchte klugerweise garnicht erst, sie irgendwie zu beruhigen. Aber er hatte ja auch noch eine Weile Zeit, bevor sie sich ihm zuwenden würde, schließlich war Prisco zuerst an der Reihe. Aber da er von seinem Bruder regelrechte Schimpftiraden gewohnt war, wenn er es denn einmal fertig gebracht hatte, sich selbst so zurichten zu lassen, dass er Hilfe brauchte und sich nicht mehr allein behandeln konnte, schien er sich nicht wirklich darum zu sorgen, dass ausgerechnet Mrs. Prove ihn zu sehr mit Worten und Behandlungsmethoden bedenken könnte. Also wartete er eben und amüsierte sich derweilen darüber, dass sie Prisco wie einen Welpen am Kragen mitschleifte.
Das zumindest hatte sie mit ihm noch nie versucht und er war sich verdammt sicher, dass sie auf diesen Gedanken auch im Zusammenhang mit ihm nie kommen würde....

Prisco sah, dass Leeroy ihnen folgte und wusste nicht ob er sich darüber freuen sollte oder nicht.
Prisco setzte sich auf das Fußende der Liege mitten im Raum und sah Mrs. Prove kurz hinter schweren Vorhängen verschwinden, die den Raum teilten. Der Großteil der Krankenstation lag hinter diesen Vorhängen, wo einige Krankenbetten standen. Der Sinn der Vorhänge war ja nur zu offensichtlich: Sichtschutz für die Verletzten.
Die Liege aber stand im kleineren, vorderen Teil der Station, zusammen mit ein paar Stühlen, Schemeln etc.
Mit wehenden Röcken kehrte Mrs. Prove zurück, unter dem Arm eine dunkelbraune Ledertasche, die sie hinter Prisco auf die Liege stellte.
Dass Leeroy eintrat bemerkte Prisco nur am Rande, denn die Krankenschwester war viel zu sehr damit beschäftigt ihn herumzukommandieren, als dass er etwas hätte bemerken können.
Den Schwertgurt hatte er schon gelöst und die Waffe auf den Steinboden gelegt, als die ältere Dame ihn dazu drängte das Shirt abzustreifen, um zuerst die Oberkörperblessuren ansehen zu können.
Etwas ungelenk durch die verletzte Schulter gelang es Prisco das dunkle T-Shirt über den Kopf zu ziehen und er verzog leicht das Gesicht.
Mrs. Proves Augen verengten sich zu Schlitzen und ihre Stimme glich dem Zischen einer Schlange: "Prisco - Chandler..."
Der Schwertkämpfer hörte der temperamentvollen Krankenschwester nur mit halbem Ohr zu und ließ die Augen durchs Zimmer wandern.
"Und sieh' mich an, wenn ich mit dir rede!", tönte eine giftige Stimme neben Prisco, dessen Kopf sogleich herumflog.
"Ja, Mrs. Prove.", Priscos stützte sich mit der rechten Hand auf der Liege ab, während er die Schimpftirade über sich ergehen ließ.
Nun, wer sich Priscos Oberkörper ansah, konnte die Krankenschwester in mancher Hinsicht ... in vieler Hinsicht verstehen.
Der Oberkörper, auf dem man zuvor einfach nur ein paar Muskeln hatte durchscheinen sehen, war nun am Rücken mit einigen Blessuren übersät.
Die Schulter war dunkelrot und der gesamte Rücken mit Druckstellen gepflastert, die ab und zu an das Muster einer Baumrinde erinnerten...
Der Bauchraum war jetzt schon dunkelblau, die Stelle des Brustbeines hatte wie die Schulter einen sanften Rotton.
"Junger Mann!", rief die Krankenschwester. "Was..."
Nach dem Ende dieser Wutwelle sah Prisco die Krankenschwester nur kurz an: "Jetzt schauen Sie mich nicht so an, ich hab mich ja nicht freiwillig gegen den Baum geworfen..."
"Das wird Konsequenzen haben. Auch für Sie, Mr. Lightwood!", giftete Mrs. Prove.
Wenn sie in Rage war siezte sie alles und jeden, nichts wirklich neues für Prisco.
Seinen linken Arm hatte sie noch nicht gesehen, der ebenfalls am Oberarm eine dunkelblaue Stelle hatte, auf der Leeroy gelegen hatte, der Unterarm war ja noch verbunden.
Zum Glück.
Das konnte ja noch lustig werden mit der alten Dame...

Leeroy hatte sich mittlerweile etwas bequemer gesetzt und die langen Beine ausgestreckt. Er betrachtete das Schauspiel mit sichtlicher Belustigung und auch das wütende Zischen und Fauchen, dass dem einer Katze, der man grade auf den Schwanz getreten war, Konkurrenz machen konnte, störte ihn herzlich wenig. Aber er besaß immerhin den Anstand, keinen Kommentar von sich zu geben, solange sie ihn giftig anstarrte und auch danach verbiss er sich das solange, bis sie die nächsten Worte losließ , die sich nun auf die netten blauen Flecken bezogen.
Daraufhin meinte er nur in liebenswürdigem Tonfall, der seinem Bruder alle Ehre gemacht hätte: " Ach Mrs. Prove, warten Sie erstmal bis sie seinen Arm gesehen haben, bevor sie richtig loslegen. Ich meine, das wäre ja schade, wenn wir Ihren Blutdruck gleich zweimal hochjagen würden, statt einfach alles auf einmal zu erledigen , nicht wahr?" Das breite und freundliche Lächeln zeigte deutlich, dass er sich da keine sonderlichen Sorgen über die Strafen machte, die sie ihnen androhte. Allerdings fürchtete er ja ohnehin herzlich wenig und wenn es etwas gab, dann nichts , was er offen zeigte, solange es nicht nötig war. Also grinste er nur freundlich und unbekümmert und zwinkerte Prisco zu. Wohl wissend, dass dieser ihn wahrscheinlich grade innerlich verfluchte....

Das tat Prisco, und zwar nicht zu knapp.
Sein Kopf wandte sich langsam, sehr langsam zur Seite, die Augen auf Leeroy geheftet.
Und aus einzig diesem Blick konnte man lesen, dass Prisco alles andere als begeistert darüber war, was Leeroy gerade von sich gegeben hatte.
Die Augen des Jüngeren blitzten und fixierten den Rotschopf an, der Blick drückte eine eindeutige Warnung an den Älteren aus.

Die Krankenschwester jedoch hielt die Luft an und ging energischen Schritts einmal um die Liege herum um dann an Priscos anderer Seite zu stehen.
Sie warf nur einen kurzen Blick auf den Arm, brauchte ihn nichtmal näher zu untersuchen um einen keifenden Schrei von sich zu geben: "Ihr Arm sieht ja so aus, als hätte sich ein Walross darauf geworfen!"
"Nein, nur Leeroy.", war Priscos knappe Antwort, den Blick immernoch auf Leeroy geheftet.
Er glaubte zwar nicht, dass das den Älteren davon abhalten würde weitere Kommentare abzugeben, aber versuchen konnte man es ja...
Mit unbewegter Miene ließ Prisco es zu, dass die Krankenschwester den Verband ablöste und nun sowohl die blauen Flecken des Oberarms, als auch den einen des Unterarmes sah.
Ein kräftiger Klaps mit der flachen hand auf den Hinterkopf war die Reaktion der älteren Dame.
Wütende Worte schwappten an Prisco vorüber, der diese einfach passieren ließ und immernoch mit seinem Blick versuchte den Älteren zum Schweigen zu bringen.
Während die ältere Frau den Oberarm kurz abtastete und dann einen festen Verband darumlegte schimpfte sie munter weiter, was nur durch ein paar schnappartige Luftzüge ihrerseits unterbrochen wurde.
Den Unterarm behandelte Mrs. Prove mit einer seltsamen Tinktur aus Wildkräutern und bedachte ihn dann ebenfalls mit einem Stabilisierungsverband und einer kurzen Schiene.
Priscos linker Arm war nun am Oberarm ein wenig verbunden und beinahe der gesamte Unterarm, einzig Ellenbogen und unter der Schulter waren ganz verbandfrei.

Leeroy grinste ihn nur frech an, winkelte die langen Beine derweilen an, sodass er nun noch noch auf dem kleinen Hocker saß und sein Gleichgewicht zu halten hatte und schien völlig unbekümmert von dem Keifen und Starren.
War er schließlich auch.... Als sie ihm wohl ein tierisches Gegenstück vorschlug, hob er nur eine Hand und wäre vor ersticktem Lachen fast von dem Schemel gekippt. Allerdings wirkte er immerhin nicht so, als wolle er noch mehr Kommentare von sich geben. Stattdessen wartete er geduldig , bis sie mit Priscos Arm fertig war und murmelte dann nur schmunzelnd: " Hübsch siehst du aus. Fehlt nur noch ein Schleifchen... "
Dass er gleich ebenfalls noch an die Reihe kommen würde, schien ihn dabei nicht weiter zu stören. Warum auch? Sie würde die Verletzungen mustern, wahrscheinlich verbinden, vielleicht sogar irgendetwas nähen, aber das war er gewöhnt. Von daher machte er sich keine Sorgen und da nunmal schon alles desinfiziert war, machte er sich keine großen Sorgen, dass da etwas passieren könnte.

Priscos linke Hand ballte sich zu einer Faust, dass die Finger knacksten, als er Leeroys Kommentar hörte.
Die Fingerknöchel stachen weiß hervor, die Augen verengten sich zu Schlitzen, in denen das wütende Blitzen noch zu sehen war.
Sein Oberarm war nur schmal verbunden, eine schmale Bahn von vielleicht 7 cm, der Unterarm etwas mehr, sodass er den langen Dolchschnitt bedeckte, aber Ellenbogen und große Teile des Oberarmes waren unbedeckt.
Schneeweiß waren die Fingerknöchel von Prisco inzwischen und wäre Leeroy in seiner direkten Reichweite gewesen oder hätte er das schwert in der Hand gehabt, wäre es dem wohl schlecht ergangen.
"Oh, sind wir heute mal wieder ganz witzig.", knurrte Prisco nur leise, denn es reichte dem Jüngeren schon Mrs. Prove in näherer Umgebung zu haben, da brauchte er nicht auch noch die Witzeleien des Älteren.
"Sie brauchen gar nicht so große Töne von sich zu geben, Mrs. Lightwood. Sie sehen gar nicht so viel besser aus und sind gewiss nicht in der Lage große Witze zu reißen.", antwortete Mrs. Prove fauchend und wandte sich dem Jüngeren wieder zu; dieses Mal wieder der rechten Schulter um sie mit einem Druckverband allein um die betroffene Schulter zu stabilisieren.

Die grünen Augen erwiderten den zornigen Blick nur gut gelaunt.
Leeroy schien sich ja immer noch nicht wirklich Sorgen zu machen, auch wenn er wohl durchaus wusste, dass es ihm grade schlecht hätte gehen können , wenn Carney das Schwert zur Hand gehabt hätte. Aber erstens war dem nicht so und zweitens hatte er sicherlich keine Angst davor, eine Tracht Prügel zu beziehen. Also grinste er nur noch breiter. Was auch nicht verschwand , als er Mrs. Proves Worte hörte.
Stattdessen gurrte er regelrecht: " Aber Mrs. Prove , ich bin so selten hier, da muss ich das doch genießen, oder etwa nicht? Ich meine, ich sollte Sie ohnehin mal wieder besuchen, ohne dabei verletzt zu sein. Man kann sich mit Ihnen schließlich immer wunderbar unterhalten und auch mal ein ernsteres Thema anschneiden. Oder lachen. Ich finde Ihr Lachen ohnehin immer ganz bezaubernd." Da konnte er ja regelrecht säuseln, der Gute .... und das hatte bisher noch immer geklappt, um sie zumindest wieder ein wenig gnädiger zu stimmen. War ja auch kein Wunder, wenn man immer nur verletzt zu ihr kam. Die arme Frau musste ja völlig vereinsamen. Aber Leeroy schien die Worte auch trotz des halb neckenden Tonfalls völlig ernst zu meinen.
Nur änderte das nichts daran, dass er Prisco ausgesprochen amüsiert dabei beobachtete , wie dieser behandelt wurde.

Prisco hob bei Leeroys Säuseleien eine Augenbraue und wandte leicht genervt den Kopf ab.
Er sah in die entgegengesetzte Richtung, während Leeroy so weiter sprach.
Als der Ältere dann das "zauberhafte Lachen" ansprach konnte Prisco nicht anders, hielt sich die Hand vor die Augen und atmete genervt aus.
Der war sich doch echt für nichts zu schade, oder?
Der Jüngere hielt sich nochimmer die hand vor die Augen, welche er geschlossen hatte und zuckte kurz, als Mrs. Proves Verbanddruck sich kurz verstärkte.

"Du hättest Speaker werden sollen, Leeroy.", sprach Prisco, nochimmer die Augen geschlossen und den Kopf abgewandt.
"Da sieht man mal wieder die Parallelen zwischen dir und Thamar..."
Er schwieg schlagartig, als sich wieder der Druck auf die Schulter verstärkte und er zusammenzuckte.
Eine samtweiche Stimme ertönte hinter seinem Rücken: "Schweigen ist eine Tugend, Mr. Chandler, die jemand in Ihrem Alter durchaus beherrschen sollte."
Langsam wandte Prisco den Kopf um und sah mit einer Mischung aus Entsetzen, Erstaunen, Sprachlosigkeit und deutlicher Verwirrung zu der Krankenschwester auf, die wie verwandelt schien und mit äußerster Gewissenheit den Verband zuzog.
Da hatte sich die Krankenschwester doch allen Ernstes von Leeroys Worten um den Finger wickeln lassen...

Wieder wandte Prisco den Kopf ab und sah geradeaus.
Na großartig... das konnte ja noch was werden...

Leeroy gluckste nur fröhlich und schien kein Problem damit zu haben, dass Prisco das nicht zu schätzen wusste. Er für seinen Teil fand die ältere Dame ausgesprochen liebenswert, wenn man ihr nicht grade mit einer Verletzung entgegenkam. Und über die schimpfte sie auch nur, weil sie sich solche Sorgen machte. Aber da er das wusste, konnte er weitaus besser mit dem Gefauche und Gezetere umgehen als so manch anderer und er konnte auch munter mit ihr aneinandergeraten, wenn er wollte. Allerdings war es auch mal wieder Thamar gewesen, der ihn mit der Nase darauf gestoßen hatte. Damals hatte er über die "alte Hexe" geflucht und geschimpft, bis sein Bruder ihn fragte, warum sie wohl reagierte , wie sie es tat. Leeroy hatte ein ausgesprochen schlechtes Gewissen bekommen und sich ernsthaft bei ihr entschuldigt. Nur um festzustellen, dass sie gar nicht so übel war. Und dass sie gerne hin und wieder Schmeicheleien hörte, einfach , weil man sie ihr hier selten genug machte. Also säuselte er eben hin und wieder . Da wussten er genausogut wie sie, dass nichts dahinter war, dass aber die Worte tatsächlich freundich gemeint waren und auch ehrlich. Er fand ihr Lachen schließlich wirklich schön, auch wenn Prisco das wohl nicht bestätigen konnte.
Wahrscheinlich , weil er sie noch nie gehört hatte. Auch wenn sie älter war, sie lachte wie eine junge Frau. Wenn man sie denn zum Lachen zu bringen schaffte. Und Leeroy hatte herausgefunden, dass das garnicht so schwer war, solange man ehrlich blieb. Also schmeichelte er nur, indem er seine Meinung ein wenig in Gesäusele verpackte und schon konnten sie sich wieder friedlich unterhalten. War doch nett und er hatte noch seine Freude dran und sie anscheinend auch. Also schadete es niemandem... ganz im Gegenteil.
Der Rotschopf grinste daher auch nur breit und freundlich die Krankenschwester an und meinte fröhlich: " Genau Prisco, hin und wieder musst du einfach einmal still sein und zuhören. "
Dass dabei der Schalk in den grünen Augen tanzte , war nicht zu übersehen.

Prisco schloss erneut die Augen und musste sich ernsthaft zusammennehmen um jetzt nicht aufzuspringen.
Stattdessen wandte er den Kopf und sah den Älteren mit gnadenlosem Blick an: "Sei doch einfach still, Leeroy."
Wieder zog die ältere Dame den Verband scheinbar prüfend fest und jagte eine zuckende Welle durch Priscos Körper, die diesen schlagartig hochfahren ließ.
Es war wirklich furchtbar, wenn die Älteren sich zusammenschlossen und eine von ihnen auch noch befugt dazu war seine Verletzungen anzusehen, der andere hingegen einfach zu viel des Wildkräutertinktur-Geruches eingeatmet hatte.

"Wollen Sie mir die Schulter jetzt ganz brechen oder was soll das werden, wenn es fertig ist.", presste Prisco zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Die Krankenschwester schien es nicht als nötig zu erachten darauf zu antworten, sondern wandte sich dem Brustbein zu.

Prisco wandte derweil den Kopf wieder dem Älteren zu, der scheinbar entspannt auf seinem Schemel saß.
Wahrlich... dem Rotschopf stand wirklich eine Speaker-Karriere bevor, denn diese säuselnden Worte glichen denen von Thamar wirklich auf den Milimeter genau.
Ob das der andere Zwilling wohl wusste?
Vielleicht, immerhin hatten die beiden weitaus mehr miteinander zu tun, als Prisco bislang.